27 Kein Versteckspiel mehr Teil 1
Ein Handy klingelte. Wieder und wieder.
»Wer ist das um diese Zeit?«, brummte Carter.
Verschlafen rieb sich Joanna durchs Gesicht. »Rylan. Wenn er so früh anruft, muss es dringend sein.«
Joannas Assistent hatte einen eigenen Klingelton, daher erhob sie sich widerwillig aus dem Bett und lief die Treppe nach unten, weil das Telefon in ihrer Tasche steckte, die im Flur stand.
»Was war denn so wichtig, dass es nicht wenigstens bis zum Sonnenaufgang warten konnte?«, erkundigte sich Carter, als Joanna wieder zu ihm ins Bett krabbelte.
»Wir sind aufgeflogen. Es ist überall in der Presse und auf Social Media.« Sie hielt Carter ihr Telefon hin. Stirnrunzelnd las er die erste Schlagzeile und betrachtete das Bild. Jemand hatte genau in dem Moment auf den Auslöser gedrückt, als er Joanna vor lauter Begeisterung im Stadion geküsst hatte.
»Rylan wollte uns vorwarnen, damit wir nicht völlig ahnungslos im Büro auftauchen. Das wird sich in ein paar Tagen wieder beruhigen.«
Carter warf Joanna einen kurzen Blick zu. »Du willst mir ernsthaft weismachen, dass dich solche Aussagen nicht treffen? Die Milliardärin und der Obdachlose: Romanze oder genialer Marketingschachzug für die neue Stiftung? Oder hier, die Kommentare: Ist doch klar, dass der nur ihr Geld will. Selber Schuld, wenn sie sich melken lässt. Er nutzt sie nur aus. Was will sie denn mit so einem? Pleitegeier erschleicht sich Rundumversorgung.«
»Es ist nun mal Tatsache, dass sich Leute gerne anonym im Internet auslassen und ihre Meinung zu Dingen kundtun, die sie entweder nichts angehen oder die sie gar nicht beurteilen können. Wer sich lieber mit fremden Leben, als mit seinem eigenen Dasein beschäftigt, soll das gerne tun. Meine Zeit ist mir für so etwas zu wertvoll.« Joanna nahm Carter das Handy aus der Hand und kuschelte sich an ihn. »Ich lese das nicht und lasse mir von wildfremden Personen keine Schablone für mein Leben aufdrücken. Und das solltest du auch nicht tun. Wir sind zusammen. Punkt. Der Rest ist unsere Sache.«
»Du hast ein bewundernswertes Selbstbewusstsein.«
»Teresa hat mir das mit auf den Weg gegeben, wofür ich unendlich dankbar bin. Ansonsten wäre ich beruflich garantiert schon lange gescheitert, denn die Meinung fremder Menschen kann belastend sein, wenn man sie an sich heranlässt.«
»Ich kann nicht behaupten, dass sämtliche dieser Aussagen spurlos an mir vorüberziehen. Eigentlich sollte mich die Zeit auf der Straße robuster gemacht haben, aber mich verletzen solche Äußerungen.«
»Wie kann ich dir helfen?«
»Keine Ahnung. Ich wünschte, ich hätte ein Rezept. Meinen Weg, damit umzugehen, muss ich erst noch finden.«
»Wir können mit meinem PR-Team sprechen. Vielleicht geben wir ein kurzes Statement ab, aber wir werden uns auf keinen Fall für unsere Gefühle rechtfertigen. Denn sobald wir das tun, geben wir all den negativen Kommentatoren eine Bühne und da bin ich raus.«
»Was das angeht, gebe ich dir völlig recht.«
»Es tut mir leid, dass unser Geheimnis auf diese Art gelüftet wurde.«
»Wofür entschuldigst du dich? Immerhin war ich es, der meine eigene Regel missachtet hat. Ich muss mich einfach daran gewöhnen, dass du erkannt wirst und darauf achten, wie ich mich in der Öffentlichkeit verhalte.«
»Da es jetzt raus ist, gibt es keinen Grund, dass du dich verstellst. Bleib bitte du selbst. Versprichst du mir das?« Als Carter nicht antwortete, fragte sie: »Oder hast du jetzt doch Zweifel an uns?«
Carter legte all seine Gefühle in den Kuss. »Beantwortet das deine Frage?«, erkundigte er sich anschließend.
»Für den Anfang könnte es reichen.«
»Ich sehe schon, ich muss mir mehr Mühe geben. Meine Freundin ist anspruchsvoll.« Dann küsste er sie erneut.
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Kapitel 27 – Kein Versteckspiel mehr