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Protagonisten – müssen wir ihre Handlungen immer verstehen?

Darauf habe ich eine eindeutige Antwort – als Autorin, als Lektorin und ebenso als Leserin: Nein, auf keinen Fall.

Natürlich wollen wir uns mit den Charakteren identifizieren, mit ihnen leiden und lachen. Aber auch Protagonisten haben Macken – wie jeder von uns. Und die müssen sie haben, damit sie lebendig werden. Das ist das sprichwörtliche Salz in der Suppe oder die Druckerschwärze auf dem Papier.

Als Autor überspitze ich häufig Charaktereigenschaften, um Reaktionen hervorzurufen oder um durch eine unverständliche Handlung eine Situation besonders herauszustellen. Der Leser darf gerne und durchaus gewollt mit dem Kopf schütteln.

Echt jetzt? Gesichtsausdruck

In meinen Büchern gibt es immer Figuren, die sich nicht so verhalten, wie ich es tun würde. Bei mir entwickeln sich die Persönlichkeiten der Protagonisten während des Schreibens, häufig überraschen sie mich ebenfalls mit ihren Eigenarten. Meistens lasse ich sie einfach ihren Weg gehen und bin selber gespannt, wohin dieser führt.

Protagonisten dürfen Fehler haben, sich irrational verhalten oder sonst wie aus dem Rahmen fallen. Damit können Charaktere durchaus polarisieren und nicht immer machen sie sich damit bei den Lesern beliebt. Was für den einen Leser Romantik ist, ist für den anderen Kitsch. Was einer als humorvoll erachtet ist für den anderen albern oder peinlich. Zum Glück sind wir alle anders und zum Glück trifft das auch auf die Protagonisten zu. Manch einer biegt nach rechts ab, obwohl ich lieber nach links gegangen wäre. Es gibt immer mehrere Möglichkeiten, aus denen ein Protagonist wählen kann und manchmal entscheidet er sich anders, als es alle erwartet hätten.

Ich finde, das macht die Bücherwelt bunt. Wie langweilig wäre es, wenn sämtliche Menschen gleich wären? Wir würden alle einen silbernen Wagen fahren, Rockmusik hören, nur rote Kleidung tragen und Pasta hassen. Das möchte ich mir lieber nicht vorstellen, vor allem, da ich Pasta liebe 😉

Sie haben eine andere Meinung? Wunderbar, denn das ist genau das, wovon ich spreche. Wir sind alle anders, jeder Einzelne ist besonders und das ist auch gut so!

Engelchen und Teufelchen

In meiner Leserunde bei Lovelybooks zu „Neuanfang in Dolphin Bay“ haben meine Leser und ich uns ausgiebig zu den überspitzten Situationen ausgetauscht. Ich stelle Ihnen zwei Beispiele vor:

  1. Am Anfang des Buches hat Nicholas einige „körperliche Nöte“, als er mit Sarah zusammentrifft. Hier habe ich kräftig übertrieben (zumindest behaupte ich das – die Männer unter Ihnen dürfen dazu gerne ihre Meinung kundtun!). Warum habe ich das gemacht? Nicholas ist ein ruhiger, ausgeglichener Charakter, den das Ende seiner Ehe eiskalt erwischt. Zum ersten Mal hat er nicht alles unter Kontrolle. Trotz aller Bemühungen bleiben seine Versuche, die Beziehung zu retten, erfolglos. In dieser chaotischen Phase, in der er sich neu sortieren will, trifft er Sarah. Auf die Gefühle, die sie in ihm auslöst, war er nicht vorbereitet und statt wieder Ordnung in sein Leben zu bekommen, wird es noch chaotischer. Als ihm schließlich auch die Kontrolle seiner Hormone allein durch ein paar in den Raum geworfene Worte entgleitet, ist er völlig „durch den Wind“. Die überdrehte Darstellung zeigt hier in aller Deutlichkeit, wie zerrissen er ist.
  2. Ein weiterer Nebencharakter ist Maureen, die Inhaberin des Lebensmittelmarktes. Sie hat lediglich ein paar kurze Auftritte, die es allerdings in sich haben. Maureen ist frech, direkt und auf Männerfang. Sie ist das absolute Gegenteil von mir und es hat unglaublichen Spaß gemacht, sie auf Nicholas loszulassen (der Arme!).

Wie sehen Sie das? Schreiben Sie mir, ich freue mich auf Ihre Post!